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Die Mädchen des Pensionats
Ernst Eckstein




Ernst Eckstein

Die Mädchen des Pensionats / Humoreske





Die Mädchen des Pensionats


Die Zöglinge des Holger'schen Pensionats, acht rosige Mädchen von vierzehn bis siebzehn Jahren, saßen eifrig plaudernd beim nachmittäglichen Kaffee. Die Vorsteherin, Fräulein Adelgunde Holger, hielt sich seit gestern behufs der Abwickelung wichtiger Geschäftsangelegenheiten in der benachbarten Residenz auf. Miß Jobbington, die englische Lehrerin, litt wieder einmal an ihrer schrecklichen Migräne. So kam es, daß die jungen Damen ausnahmsweise sich selbst überlassen waren, ein Umstand, der indeß nach der Ansicht der liberal gesinnten britischen Dulderin wenig zu besagen hatte, da innerhalb des Pensionsgebäudes keinerlei Gefahr drohte, und Josephine, die älteste der Elevinnen, eine Art mütterlicher Autorität ausübte, vermöge deren sie die abwesende Beschützerin ganz befriedigend ersetzen konnte. Josephine war nämlich verlobt, wirklich und anerkanntermaßen verlobt. Von einer Braut erwartet man mit Recht eine gewisse Haltung. Auch entehrt es kein Mädchen, dessen Herz und Hand noch frei ist, sich der höheren Würde einer Braut unterzuordnen.

Josephine, Eulalie, Rosa, Martha, Iduna, Laurentia, Asta und Virginie saßen also in reizender Gruppirung beim Kaffee, als die greise Wirthschafterin auf der Schwelle erschien und die überraschende Mittheilung machte, ein junger, vornehmer Herr wünsche dringend die Vorsteherin des Pensionats zu sprechen.

Die Mädchen wechselten Blicke der Rathlosigkeit und der Neugierde.

»Was soll ich sagen?« fragte die alte Barbara, indem sie mit der Rechten die derangirte Schürze glättete.

»Gehen Sie zu Miß Jobbington!« sagte Josephine.

»Das englische Fräulein hat sich eingeriegelt; sie will mit keiner Seele zu thun haben«, versetzte die Wirthschafterin.

»So sagen Sie, es sei Niemand zu Hause«, rief die schwarzlockige Asta mit lebhafter Stimme.

»Wie unhöflich!« bemerkte die aristokratische Virginie. »Der Herr hat doch bereits gehört, daß Barbara mit uns unterhandelt.«

»Er kann ja immerhin hereinspazieren, und sagen, was er will«, bemerkte Rosa.

»Aber wenn es Angelegenheiten betrifft, die … die man nicht vor aller Welt auskramen mag?« flüsterte die aschblonde Laurentia erröthend.

»Wir müssen ihm überlassen, ob er uns einweihen will oder nicht«, sagte die schlanke Rosa.

»Gott, am Ende ist es gar Otto«, raunte Eulalie der vollgewachsenen Iduna ins Ohr … »Er kömmt, um Fräulein Holger zu sagen, daß er mich liebt, daß sie mir die Freiheit zurückgeben muß …«

»Oder wäre es gar Ferdinand, der Bräutigam Josephinens?« entgegnete Iduna. »Er hat immer solche Sehnsucht nach ihr. O, ich sage Dir, sie erzählt mir manchmal Dinge …«

»Nun, was soll ich dem Herrn antworten?« fragte die ehrbare Wirthschafterin, ein wenig ungeduldig.

»Heißen Sie ihn eintreten!« sagte Josephine mit Würde.

Barbara ging. Eine halbe Minute später trat ein elegant gekleideter Herr in die Thüre und verneigte sich mit verführerischer Anmuth. Sein sorgfältig gescheiteltes Haar stimmte vortrefflich zu den langen weißen Fingern der rechten Hand, in welcher er den blinkenden Cylinderhut hielt, während die linke, von einem safrangelben Glacé-Handschuh bedeckt, graziös auf das großkarrirte Beinkleid herabfiel. Die etwas kreischenden Lackstiefel und der blonde, seidenweiche Cotelettbart vollendeten das Bild eines Gentleman comme il faut.

»Um Vergebung, meine Damen«, begann der Fremde, der weder Otto noch Ferdinand war, mit wohlklingender, wenn gleich etwas affektirter Stimme, »ich bin doch hier recht im Pensionate des Fräuleins Adelgunde Holger? …«

»Ja wohl, mein Herr«, sagte Josephine.

»Die Frau da draußen scheint mich nämlich nicht verstanden zu haben …«

»Sie ist etwas schwerhörig«, versetzte Martha.

»Sie befehlen?« fragte der Fremde.

»Sie hört nicht gut«, wiederholte die Angeredete, während ihr Antlitz sich mit flammendem Purpur bedeckte.

»Ah so! Nun, jedenfalls scheint sie mich mißverstanden zu haben. Ich suche nämlich …«

»Wollen Sie nicht gefälligst Platz nehmen?« sagte Josephine verbindlich.

»Ach ja, bitte, nehmen Sie Platz«, rief Rosa, die Schlanke.

»O, die Damen sind zu gütig …«

Die vollgewachsene Iduna wollte mit der ihr eigenen Herzlichkeit die Freundin überbieten und sprudelte heraus:

»Dürfen wir so frei sein, Ihnen eine Tasse Kaffee zu offeriren?«

»Ich weiß in der That nicht …«

»O, ist gar nicht stark«, rief die schwarzlockige Asta.

»Nein, gar nicht«, bestätigte Iduna. »Sie können immerhin eine Tasse nehmen, wenn Sie auch schon welchen getrunken haben.«

»Nun denn – ich … ich bin so frei …«

Iduna erhob die Kanne. Der Fremde setzte sich und stellte den blinkenden Cylinderhut unter den Tisch.

»Trinken Sie mit viel oder wenig Milch?« fragte die blühende Hebe, anmuthsvoll lächelnd.

»Bitte, ganz wie es kömmt … Sie sind zu gütig … Ja, also … Danke, danke … Ja, also, die Frau auf der Vorflur scheint mich gar nicht verstanden zu haben …«

»O, man wird so selten verstanden in dieser unvollkommenen Welt!« seufzte Laurentia.

»Fast nie!« hauchte Eulalie mit schwärmerischem Augenaufschlag.

»So meint es der Herr ja gar nicht«, warf Rosa ein. »Ihr denkt immer an Ueberschwänglichkeiten.«

»Nehmen Sie auch ein Butterbrödchen?« fragte Iduna, indem sie nach dem Messer langte.

»Ich danke wirklich ganz verbindlichst …«

»Ja?«

»Nein, nein, das hieße Ihre Güte mißbrauchen. Ich danke aufrichtig!«

»Ein ganz kleines … Was? Sie haben gewiß einen weiten Weg gemacht …«

»Aber, Iduna, wenn der Herr doch nicht will!« versetzte Laurentia vorwurfsvoll.

»Nämlich … also …« stammelte der Fremde, »ich suche eigentlich die Vorsteherin des Pensionats, Fräulein Adelgunde Holger …«

»Die ist nicht zu Hause,« sagte Josephine.

»In der That nicht? Das thut mir leid, aufrichtig leid, und Sie wissen nicht, wann das Fräulein zurückkehrt?«

»Nicht vor heute Abend«, entgegnete die Braut mit imponirender Bestimmtheit.

»So … Sie entschuldigen … ich glaubte nämlich, die Frau da draußen hätte mich nur falsch verstanden … Also das Fräulein ist wirklich nicht zu Hause … Aber dann will ich nicht weiter stören, meine Damen … Morgen früh wäre ich wohl sicher, Fräulein Holger zu treffen?«

»Sie kommen am besten zwischen elf und zwölf«, sagte Asta mit bezauberndem Lächeln.

»Aber bitte, wollen Sie wirklich schon gehen?« fragte Rosa verbindlich.

»Ich darf nicht wagen«, entgegnete der Fremde, »Ihre Geduld länger in Anspruch zu nehmen …«

»O, wir sind gar nicht ungeduldig«, rief Asta mit der Gluth einer tiefinnerlichen Ueberzeugung.

Der Fremde hatte sich inzwischen erhoben.

»Es wäre in der That indiskret, wollte ich länger … Sie sind so gütig …«

»Sie haben mit dem Fräulein wohl wichtige Dinge zu verhandeln?« frug Asta.

»Wie unzart!« raunte Laurentia der vornehm schweigsamen Virginie zu.

Virginie lächelte spöttisch und zuckte unmerklich die Achseln, als wollte sie sagen: Was kann man von einem Mädchen, wie Asta, erwarten? –

»Ja wohl«, stammelte der Fremdling, »ich komme in einer Angelegenheit, die … die gewiß für Sie alle … Das heißt, ich will sagen, je nachdem …«

»Wie gewandt er sich ausdrückt!« flüsterte Laurentia.

Virginie nickte.

»Nun, wenn Sie denn darauf bestehen, uns nach so kurzem Besuche Ihrer angenehmen Gegenwart zu berauben«, rief Iduna nicht ohne einen Anflug von Verdruß, »so trinken Sie wenigstens Ihren Kaffee aus. Sie haben die Tasse noch nicht bis zur Hälfte geleert.«

»O, entschuldigen Sie … Gewiß, Ihr Kaffee … ist ganz ausgezeichnet … Meine Zerstreutheit …«

»Er ist zerstreut«, sagte Virginie sotto voce zu Laurentia. »Das läßt tief blicken!«

Der Fremde ergriff die Tasse, trank und verneigte sich alsdann mit jener einschmeichelnden Ritterlichkeit, die wir bereits an ihm schätzen gelernt haben.

»Meine Damen«, lächelte er in melodiösem Hochdeutsch, »ich habe die Ehre, mich allerseits ganz gehorsamst zu empfehlen.«

»Adieu!« riefen die Mädchen mit züchtigem Augenniederschlag.

»Auf Wiedersehen!« klang es vereinzelt von den thaufrischen Purpurlippen der schönen Asta.

Man erklärte unmittelbar nach dem Verschwinden des Unbekannten die Kaffee-Sitzung für aufgehoben und verfügte sich nach dem Garten, wo man paarweise promenirte.

»Virginie«, begann die aschblonde Laurentia nach einer langen Pause gedankenvollen Schweigens, »Du weißt, daß es nicht zu meinen Schwächen gehört, eitlen Einbildungen zu fröhnen …«

»Dergleichen Kindereien überlassen wir Anderen«, versetzte die vornehme Virginie.

»Zum Beispiel Eulalien, die bei jeder Gelegenheit von Eroberungen träumt.«

»Lächerlich!«

»Ich für mein Theil huldige dem Grundsatz: Erkenne Dich selbst. Wer seine Vorzüge überschätzt, verdient, daß selbst seine wirklichen Leistungen nicht anerkannt werden. Siehst Du, Virginie … ich … ich bin nicht schön …«

»Du bist auch nicht häßlich, im Gegentheil …«





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